Monday, May 6, 2013
Letter from Brussels - Eurosklerose
Mit den ersten Sonnenstrahlen ist auch die Grippewelle in Brüssel abgeklungen. Die Freude über den späten Frühling und die neue Gesundheit währt allerdings nicht lange. Eine längst vergessene Krankheit ist wieder im Anflug: Eurosklerose.
Vor 30 Jahren machte sich eine wirtschaftliche Krankheit in Europa breit, dessen Symptome hohe Arbeitslosigkeit, Rezession und düstere Wachstumsprognosen waren. Eurosklerose war damals das Pseudonym für Hoffnungs- und Ratlosigkeit. Genau diese macht sich auch jetzt wieder bei den Euro-Rettern breit. Der große Befreiungsschlag in der Eurokrise will einfach nicht gelingen.
Bisher wurde versucht, die Krise mit einer Art partieller Akupunktur zu meistern. Kleine therapeutische Nadelstiche, meist gesetzt durch die EZB, haben das Gröbste abgewendet, sorgen aber noch nicht für schnelle Genesung. Deshalb versuchen die Euro-Retter im Augenblick die bereits gesetzten Nadeln zu lockern. Das sogenannte Spardiktat steht wieder unter Beschuss. Zu Unrecht, denn es gibt kein Spardiktat, sondern ein Krisenmanagement, das aus Schuldenabbau und Strukturreformen besteht. Natürlich ist es sinnvoll die Geschwindigkeit des Sparens den wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen, aber eine Abkehr der Politik von nachhaltigen Staatsfinanzen zurück zu schuldenfinanziertem Wachstum wäre ein verheerendes Zeichen. Im Übrigen würde es die fundamentalen Probleme eines spanischen Immobilienmarktes, der griechischen Staatsfinanzen oder mangelnder italienischer und französischer Konkurrenzfähigkeit auch nicht lösen.
Heilung durch Akupunktur kann gelingen, erfordert aber viel Geduld. Geduld und Kraft, die durch das Streben nach einer gemeinsamen (besseren) Zukunft aufgebracht werden kann. Vielleicht hilft dabei ein Blick in die Vergangenheit. Die Eurosklerose wurde letztendlich durch ein gemeinsames Projekt besiegt: den Euro.
Diese Kolumne wurde eher in der Wochenzeitung "Euro am Sonntag" veroeffentlicht.
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